Wozu werden Vögel überhaupt beringt?
Das Beringen von Vögeln ist eine der ältesten und effektivsten Methoden, um das Leben der Vögel wissenschaftlich zu erforschen. Bei dieser Technik werden kleine, individuelle Metall- oder Kunststoffringe um die Beine der Vögel gelegt. Jeder Ring trägt eine einzigartige Kennung, die es ermöglicht, den Vogel bei einer späteren Wiederentdeckung genau zu identifizieren. Das ist also quasi ihr Personalausweis. Diese Methode liefert wertvolle Daten über das Zugverhalten, die Lebensdauer, Brutgebiete und Überlebensstrategien der Vögel. Durch die Beringung können Ornithologen die Routen von Zugvögeln nachverfolgen und wichtige Einblicke in ihre Wanderungen zwischen Brut- und Überwinterungsgebieten gewinnen. Dies ist besonders wichtig im Hinblick auf den Naturschutz, da die gesammelten Daten helfen, Gefährdungen und Veränderungen in den Lebensräumen der Vögel zu erkennen. So trägt die Vogelberingung entscheidend zum Schutz vieler Arten bei und ermöglicht es, Naturschutzmaßnahmen gezielt zu entwickeln und umzusetzen.
Im Chemnitzer Stadtteil Ebersdorf liegt in einer Senke zwischen Feldern der sogenannte Kaninchengrund. Dieses vom Umweltamt der Stadt renaturierte Gebiet, in dem ein Bachlauf, Kopfweiden, Schilfflächen und einige Büsche zu finden sind, bietet vielen Vogelarten einen idealen Rastplatz. Besonders vor ihrer Reise in den Süden machen die Vögel hier mehrere Tage bis Wochen Halt, um sich die nötigen Fettreserven für den langen Flug anzufressen. Um nachzuweisen, dass diese Fläche eine wichtige Rolle für den Vogelzug und die Artenvielfalt spielt, werden dort seit einigen Jahren Vögel beringt. Dabei spannen Ornithologen Fangnetze auf, in die die Vögel hineinfliegen. Erfahrene Experten wie Klaus Müller befreien die Tiere dann vorsichtig aus den Netzen, notieren ihre Eigenschaften und versehen sie mit einem Ring. Vielleicht wird daraus ja mal ein neues Naturschutzgebiet im Stadtgebiet von Chemnitz, welches dazu beiträgt, die Artenvielfalt zu fördern.
Normalerweise findet die Beringung in diesem Gebiet über mehrere Tage in den frühen Morgenstunden statt. Da dies aber für die meisten JuNas und ihre Familien zeitlich nicht möglich ist, hat sich unser ehrenamtlicher Naturschutzhelfer und seine Frau bereiterklärt, extra für die Jungen Naturwächter der AG Chemnitzer NATUREntdecker eine Beringung am Freitagnachmittag durchzuführen. Dieses Angebot wurde auch von zahlreichen JuNa-Familien angenommen, um neue Vogelarten kennenzulernen und natürlich mehr über die Hintergründe der Beringung zu erfahren. Dabei durften einige JuNas auch Aufgaben selbst übernehmen und so zur Sammlung wissenschaftlicher Daten beitragen. Hatten wir bei der Beringung im vergangenen Jahr noch die Befürchtung, dass die Veranstaltung ins Wasser fällt, war in diesem Jahr genau das Gegenteil der Fall. Es war extrem warm und trocken, sodass schon absehbar war, dass wir nicht allzu viele Vögel fangen würden. Dennoch waren alle guter Dinge und kontrollierten regelmäßig die Netze, damit die gefangenen Vögel nicht so lange in der Hitze verbleiben mussten. Schließlich steht das Wohl der Tiere bei all dem Stress durch die Fangaktion im Vordergrund.
Auch wenn wir an diesem Tag nicht viele Vögel beringen konnten, erfuhren die Jungen Naturwächter dennoch viel über den Sinn der Beringungsaktionen und was dies mit Naturschutz zu tun hat. Je besser wir über die Lebensweise und Bedrohungslage der einzelnen Arten wissen, umso besser können wir sie auch schützen. Bei den Vögeln ist dies eine effektive und bewährte Methode. Also jeden Ringfund melden und so seinen Teil zur Erforschung der Vogelwelt beitragen. Bei der gefangenen Dorngrasmücke stellten wir beispielsweise fest, dass diese bereits einige Tage zuvor im gleichen Gebiet beringt worden war. Bei der anschließenden Datenerfassung stellte Klaus Müller fest, dass diese nun einige Gramm schwerer geworden war. Dies deutet darauf hin, dass sie sich in diesem Gebiet einen kleinen Fettvorrat für den Weiterflug anfuttern konnte. Bezogen auf den Kaninchengrund bedeutet dies, dass dieses Gebiet Vögeln durchaus als Rastplatz für ihre weite Reise in die Überwinterungsgebiete dient. Dies zeigt deutlich, dass wir in unserer weitestgehend ausgeräumten Agrarlandschaft viel mehr solcher Gebiete für den Artenschutz brauchen. Davon würden nicht nur die Vögel profitieren, sondern auch viele andere Lebewesen und Organismen.
Welche Vögel haben wir an diesem Tag gefangen? Darunter waren mehrere Jungstare, ein junger Neuntöter und verschiedene Grasmückenarten.
Nicht nur Vögel kann man im Kaninchengrund finden. Zahlreiche Tagfalter ließen sich auf den Wiesen beim Blütenbesuch beobachten.
Unser Dank gilt wieder einmal Familie Müller für die tolle Veranstaltung. Auch wenn wir aufgrund der Hitze an diesem Tag wenig Vögel fangen und beringen konnten, haben die JuNas wieder viel gelernt und sind tief in die Welt der Ornithologie eingetaucht.
Aber auch den Eltern und Großeltern müssen wir an dieser Stelle danken, dass sie immer wieder Möglichkeiten suchen und finden, den Jungen Naturwächtern die Teilnahme an den verschiedenen Veranstaltungen zu ermöglichen.