BUND Regionalgruppe Chemnitz

22.09.2023 Vogelberingung im Kaninchengrund Chemnitz-Ebersdorf

Praktischer Naturschutz für die Jungen Naturwächter der AG Chemnitzer NATUREntdecker

An diesem Freitagnachmittag stand für die Jungen Naturwächter der AG Chemnitzer NATUREntdecker etwas ganz Besonderes auf dem Plan: praktischer Naturschutz zum Anfassen bei einem Außeneinsatz im Kaninchengrund in Chemnitz-Ebersdorf. Dort erwartete uns Ornithologe Klaus Müller mit seiner Frau zur diesjährigen Vogelberingung. Die Maßnahmen sind sehr wichtig, um mehr über das Zugverhalten und die Bestände der verschiedenen Vogelarten zu erfahren. Gleichzeitig hatten unsere Jungen Naturwächter somit die Möglichkeit, den Wildvögeln mal so richtig nah zu kommen und auch wichtige Einblicke in die Naturschutzarbeit der Ornithologen zu erhalten. Da war Klaus Müller genau der Richtige, denn er war jahrelang Vogelberinger auf Helgoland und hatte durch diese Tätigkeit enorm viel Erfahrung auf diesem Gebiet sammeln können. So gibt es vermutlich kaum eine europäische Kleinvogelart, die er noch nicht gesehen und beringt hat. Seine Erfahrung und Leidenschaft gibt er gerne an die Naturschützer von morgen weiter, ganz im Sinne des Programms der Jungen Naturwächter.

Gemeinsame Kontrolle der Fangnetze

 (Junge Naturwächter / BUND Chemnitz)

Für den Fang wurden zuvor feinmaschige Netze aufgespannt, welche die Vögel nicht wahrnehmen, sich aber auch darin nicht verletzen können. In regelmäßigen Abständen kontrollierten wir gemeinsam die Netze, damit die Vögel nicht zu lange im Netz hängen mussten. Zu Beginn unserer Veranstaltung war zunächst noch leichter Niesel, sodass wir öfter nachschauten. Klaus Müller erklärte, dass diese Maßnahme wichtig ist, da sich bei Regen das Gefieder der kleinen Vögel schnell mit Wasser vollsaugt und dadurch die Gefahr einer Unterkühlung besteht, was wir natürlich unbedingt vermeiden wollten. Zudem waren die JuNas sowieso schon ganz gespannt, was wohl alles in den Netzen zappelt. Die gefangenen Vögel wurden vorsichtig von Klaus Müller aus dem Netz befreit und in kleine Stoffsäckchen gepackt. Diese wurden dann behutsam zum Beringen gebracht. Genau die richtige Aufgabe für Junge Naturwächter, um den Umgang mit den Vögeln zu erlernen.

 (Junge Naturwächter / BUND Chemnitz)
 (Junge Naturwächter / BUND Chemnitz)
 (Junge Naturwächter / BUND Chemnitz)

Abläufe bei der Beringung

Vorsichtig wird auch das Gefieder der Vögel betrachtet um festzustellen, ob es sich um einen Alt- oder Jungvogel handelt. Erfahrene Beringer kennen die Merkmale aus ihrer langjährigen Erfahrung ohne nachschlagen zu müssen. Für die Jungen Naturwächter war dies noch Neuland.  (Junge Naturwächter / BUND Chemnitz)

Zurück am Beringungstisch zeigte Klaus Müller uns neben den notwendigen Materialien die Abläufe bei der Beringung. Dabei schauten ihm die JuNas natürlich aufmerksam über die Schulter und konnten auch Fragen stellen. Zunächst wird der Vogel genau angeschaut und die Art bestimmt. Ist es ein Jungvogel diesen Jahres oder ein Altvogel? Dabei sind natürlich Details des Gefieders entscheidend und bei jeder Art gibt es Besonderheiten zu beachten. Es zeigte sich, dass man dafür sehr viel Erfahrung benötigt und sich auch viel Wissen selber aneignen muss. Mit der Zeit und regelmäßiger Übung kommt aber die Erfahrung. Vielleicht wurde ja bei dem einen oder anderen Jungen Naturwächter das Interesse für die Ornithologie geweckt und tritt in die Fußstapfen von Klaus Müller und Herr Börner.

Beim Pusten gegen das Bauchgefieder kann festgestellt werden, wie viel Fett sich der Vogel angefressen hat.  (Junge Naturwächter / BUND Chemnitz)

Geprüft wurde auch, wie gut der Vogel genährt ist, bevor anschließend noch die Flügellänge ausgemessen und das Gewicht des Tieres bestimmt wurde. Hier durften die JuNas mal schätzen, was so ein Vogel wohl wiegt. Sie sind nämlich richtige Leichtgewichte und ihr Ernährungszustand ist entscheidend für die lange Reise, welche jährlich Millionen dieser kleinen Vögel auf sich nehmen. Mit beeindruckender Routine und Leichtigkeit vollzog Klaus Müller die notwendigen Handgriffe. Man merkte sofort, dass ihm diese Abläufe durch seine jahrelange Tätigkeit regelrecht ins Blut übergegangen waren. Die Ruhe, die er dabei ausstrahlte sorgte bei den Vögeln dafür, dass sie das Prozedere ohne großen Stress über sich ergehen ließen. Die JuNas durften dabei auch aktiv unterstützen, indem sie die Daten in das Feldnotizbuch eintrugen, welche dann später in die Datenbank der Vogelberingung übertragen werden. Eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe, welche sie sehr gut gemeistert haben.

Mit einer speziellen Zange werden die Ringe über dem linken Fuß der Vögel befestigt.  (Junge Naturwächter / BUND Chemnitz)

Nun kommt der Ring ins Spiel. Diese Wiedererkennungszeichen bestehen meist aus Metall, können aber auch aus Kunststoff gefertigt sein. Auf den Ringen stehen kleine Zahlen und Buchstaben, die verraten, über welche Beringungsstelle der Vogel eingetragen ist und seine genaue Identifikationsnummer. Finden nun beispielsweise andere Ornithologen einen beringten Vogel, können sie eine Anfrage an die Beringungsstation schicken und erfahren, woher der Vogel kommt, wie alt er ungefähr ist und ob sich nun sein Zustand geändert hat.

Strahlende Gesichter bei den Jungen Naturwächtern der AG Chemnitzer NATUREntdecker

Für unsere Jungen Naturwächter war diese Aktion auch eine ganz neue Erfahrung gewesen, da die meisten von ihnen noch nie einen Wildvogel in der Hand halten durften. Da war die Vorfreude natürlich riesengroß, endlich mal die Gelegenheit dafür zu bekommen. Behutsam bekam jeder einmal einen Vogel in die Hand und lernte so, wie man die Vögel richtig festhält ohne sie zu verletzen. So wurden alle Vögel nach der Beringung wieder in die Freiheit entlassen und konnten ihren Zug nach der kurzen Unterbrechung unbeschadet fortsetzen. Vielleicht wird ja der ein oder andere Vogel mal wieder gefangen und die gewonnenen Daten helfen dann der Wissenschaft und dem Naturschutz weiter.

Warum wird im Kaninchengrund beringt?

 (Junge Naturwächter / BUND Chemnitz)

Gegen Ende der Veranstaltung bekamen wir noch Besuch von Jens Börner. Er ist als Abteilungsleiter in der Unteren Naturschutzbehörde tätig und leidenschaftlicher Ornithologe. Somit konnte er den Jungen Naturwächtern Hintergrundinformationen zum Kaninchengrund berichten und warum die Vogelberingung dort stattfindet. Der Bereich wurde renaturiert und es wurden Kopfweiden und Landschilf angepflanzt, da auch ein kleiner natürlicher Bachlauf das Gebiet durchzieht. Seit der Renaturierung vor ca 30 Jahren konnte sich sich in diesem Gebiet die Natur selbständig entwickeln und dient als Wanderroute, sowie als Brut- und Rastplatz für zahlreiche Vögel. Das langgezogene Gebiet liegt genau in der richtigen Ausrichtung für den Vogelzug und kann auch als Vogelstraße betrachtet werden. Neben zahlreichen Vogelarten dient dieses Gebiet auch anderen Tiergruppen wie Insekten, Amphibien, Reptilien und Säugetieren als wichtiger Lebensraum. So berichtete uns Herr Börner von einer Begegnung mit einem Mauswiesel bei der letztjährigen Vogelberingung. Diese Tiere findet man sonst recht selten im Stadtgebiet Chemnitz. Ziel ist es also, das Gebiet langfristig für die Natur zu erhalten und als Naturschutzgebiet auszuweisen. Dafür werden die Daten der Vogelberingung und anderer Funde gebraucht, um die Schutzwürdigkeit dieses Gebietes nachzuweisen. Gleich nebenan zeigte sich den Jungen Naturwächtern die Problematik mit den Monokulturen der Landwirtschaft. Links und rechts befanden sich nämlich große Felder mit Mais für die Energiegewinnung. 

Was mache ich, wenn ich einen beringten Vogel finde oder fotografiert habe?

Totfund einer beringten Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) 2017. Die Anfrage ergab, dass sie 2013 beringt worden war und sich somit mindestens 4 Jahre lang auf den Vogelzug begeben hatte.  (Benjamin Franke / BUND Chemnitz)

Wenn ein toter Vogel mit einem Ring am Bein gefunden wird, dann kann der Ring abgemacht, ausgelesen und bei der jeweiligen Beringungsstation eingeschickt werden. Das geht natürlich auch, wenn man einen Vogel fotografiert hat bei dem der Ring ablesbar ist. Dazu werden die Fundumstände und natürlich auch die Ringnummer erfragt. Danach kann es ein paar Monate dauern bis man eine Antwort bekommt, aber so kann man mehr über den Vogel erfahren und gleichzeitig der Wissenschaft helfen. Ben hatte uns dafür mal ein paar Beispiele von sich mitgebracht, wie so ein Antwortschreiben aussieht.

 (Junge Naturwächter / BUND Chemnitz)

Herzlichen Dank an Klaus Müller und seine Frau für die schöne Veranstaltung! Vielen Dank auch an Herrn Börner für die Hintergrundinfos. Das werden wir auf jeden Fall wiederholen, damit auch alle anderen JuNas diese tolle Erfahrung machen können.